Jaguar-Chef - "Einen Partner brauchen wir nicht"

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Jaguar-Chef - "Einen Partner brauchen wir nicht"

Beitrag von Cpt. Jag » Do 12 Feb, 2015 09:41

Vor wenigen Jahren wusste Jaguar nicht, wie die Mitarbeiter bezahlt werden sollten. Heute floriert das Geschäft. Der Chef präsentiert nicht nur ein neues Modell, sondern auch andere wichtige Pläne.

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Ralf Speth ist zwar ein Deutscher. Doch er hat durchaus die Ausstrahlung eines Mannes, der sich nicht scheuen muss, mit Jaguar Land Rover einen treuen Lieferanten des britischen Königshauses zu führen. Der 59-Jährige hat einen feinen Oberlippenbart, trägt einen Nadelstreifenanzug.

Nur das etwas Spitzbübische in seinem Blick will nicht so ganz in das Bild passen, das ihn sofort in den Kreis des britischen Adels eingeordnet hätte. Er lächelt, rutscht auf seinem Platz am Stand von Jaguar Land Rover auf dem Pariser Autosalon hin und her – und ist offenbar bester Laune.

Die Welt: Herr Speth, wie geht es Ihnen?

Ralf Speth: Sehr gut. Ich kann mich nur kaum konzentrieren. (lacht)

Die Welt: Warum?

Speth: Direkt in meinem Sichtfeld steht unser neuer Jaguar XE. Es ist unglaublich, welche Reaktionen wir auf das neue Modell bekommen. Schauen Sie sich diese Proportionen an! Das ist schon sehr edel. Wir sind alle sehr aufgeregt.

Die Welt: Mit dem XE positionieren Sie sich in einem kleineren Segment, da, wo sich heute etwa die C-Klasse von Mercedes sowie der Audi A4 befinden.

Speth: Da ist er sehr gut positioniert. Er bietet Kunden die Möglichkeit, eine andere Wahl zu treffen. Dieses Auto hat keinen Vorgänger, wir haben auf dem weißen Blatt Papier begonnen. Wir mussten deswegen auch keine Kompromisse eingehen.

Die Welt: Jaguar Land Rover galt einst als Pleitekandidat. Heute werden Sie von manchen als erfolgreichstes Autounternehmen gefeiert. Hatten Sie mit dem Erfolg gerechnet, als Sie in das Unternehmen wechselten?

Speth: Nein, sicher nicht. Wir waren vor einigen Jahren in einer sehr schwierigen Situation. Auf den Kauf des Unternehmens durch Ratan Tata im Jahr 2008 folgte die seit Jahrzehnten schlimmste Rezession. Uns hat das als sehr auf den europäischen Markt ausgerichtete Firma härter als andere getroffen. Teilweise wussten wir nicht, wie wir die Gehälter bezahlen sollen.

Die Welt: Lässt es sich unter indischer Führung besser arbeiten als unter amerikanischer?

Speth: Ratan Tata hat das Potenzial unserer Marken erkannt. Er hat es sehr gut verstanden, der Firma den Freiraum zu geben, sich auf ihre Kernkompetenz zu konzentrieren. Wir müssen ihm alle dankbar sein. Ohne ihn würde es Jaguar Land Rover heute nicht mehr geben.

Die Welt: Manche sagen, Jaguar Land Rover sei eine Anomalie in der Branche: Sie sind weder ein Nischenspieler noch einer der großen Autokonzerne.

Speth: Die großen Autokonzerne spielen mit ihren Millionenabsätzen auf einem anderen Niveau als wir. Wir werden diesen Weg nicht kopieren, sondern unseren eigenen Weg weitergehen. Wir haben eine Nische, und wir haben besondere Kunden.

Die Welt: Die größeren Hersteller können durch die Massenproduktion Kostenvorteile heben.

Speth: Skaleneffekte sind wichtig, sie werden aber auch überschätzt. Viele wertschöpfende Komponenten kommen doch von der Zulieferindustrie. Hinzu kommt: Wir sind klein, aber klein kann auch sehr smart sein. Wir sind sehr flexibel und schnell mit unseren Entscheidungen. Das bietet enorme Chancen.

Die Welt: Sie werden zum Monatsende erstmals in China die Produktion aufnehmen. Stehen weitere Entscheidungen für neue Werke an?

Speth: Lassen Sie uns doch erstmals das Werk hochfahren! Wir können nicht alles gleichzeitig anpacken. Wir werden noch eine kleine Produktion in Brasilien aufbauen. Das reicht erst mal.

Die Welt: Eine Fabrik im Dollarraum stünde Ihnen angesichts der Währungsschwankungen doch ganz gut.

Speth: Selbstverständlich. Wenn Sie mir die finanziellen Mittel dafür geben, dann machen wir das gerne. (lacht)

Die Welt: Ein Teil der Erfolgsgeschichte von Jaguar Land Rover ist der Boom bei Sportgeländewagen, den SUV.

Speth: Die äußeren Umstände waren natürlich sehr günstig. Ich glaube, dass sich die Entwicklung weiter beschleunigen wird. Der SUV gibt den Kunden eine Flexibilität, die sie sonst nicht haben.

Die Welt: Sie sind aber nicht gerade umweltfreundlich.

Speth: Wir haben viel erreicht, indem wir das Gewicht der großen Fahrzeuge durch die Verwendung von Aluminium stark reduzierten und Dieselhybrid-Modelle eingeführt haben. Damit erzielen wir für den Range Rover CO2-Werte von nur 169 g/km.

Die Welt: Die Hersteller kündigen immer größere SUVs an. Wie weit geht die Aufrüstung bei SUVs?

Speth: Dazu müssen Sie auch die Wettbewerber fragen. Aber sicher ist: Wenn das Segment wächst, dann wachsen wir mit.

Die Welt: Volkswagen und BMW warnen vor einer weiteren Verschärfung von CO2-Grenzwerten. Wie sehr fürchten Sie das?

Speth: Technisch wäre es möglich, die CO2-Emissionen noch stärker herunterzufahren. Die Frage ist, ob der Kunde das am Ende auch bezahlen möchte. Ein Plug-in-Hybrid kann in der Herstellung gerne 10.000 Euro mehr kosten.

Die Welt: Werden die Preise nicht sinken, wenn noch mehr Elektroautos nachgefragt werden?

Speth: Schon. Aber aus vielen Gründen sind E-Autos trotzdem nicht die Lösung aller Probleme. Die Materialien, die wir heute in den Batterien verwenden, sind auch nicht umweltfreundlich. Sie müssen aufwendig entsorgt werden. Welche Lebensdauer sollte ein Auto Ihrer Meinung nach haben?

Die Welt: Sagen wir 300.000 Kilometer.

Speth: Dann brauchen Sie zwei, drei Batteriesätze für ein reines Elektroauto. Die Umweltkosten dafür müssen in die Kalkulation mit einfließen. Und wenn Sie Strom aus Kohle erzeugen, dann belasten Sie den Planeten mehr als mit einem optimierten Verbrennungsmotor.

Die Welt: Die Politik setzt also die falschen Anreize?

Speth: Wir werden in Themen reinmanövriert, die nicht sinnvoll sind. In England wurde bereits vor Energieengpässen für diesen oder nächsten Winter gewarnt. Die Industrie muss fürchten, dass sie zeitweise vom Netz genommen wird. Wir nehmen also die Industrie vom Netz und fördern auf der anderen Seite Elektroautos? Passt das zusammen?

Die Welt: Trotzdem arbeiten auch Sie an Plug-in-Hybriden.

Speth: Das tun wir, um die Grenzwerte von 135 Gramm pro Kilometer bis 2020 zu schaffen.

Die Welt: Andere Unternehmen verkaufen einfach mehr Kleinwagen, um die Durchschnittswerte zu drücken. Sie könnten ja auch ein Modell unterhalb des Jaguar XE bringen.

Speth: Darüber mag ich jetzt nicht spekulieren. Für uns war der XE ein enormer Schritt. Darauf werden wir uns jetzt erst einmal konzentrieren.

Die Welt: Die Alternative wäre ein Partner.

Speth: Den brauchen wir nicht. Die Firmen, die bislang Vorteile aus Kleinwagen ziehen, stehen nun vor denselben Aufgaben wie wir. Auch die werden künftig ihren Beitrag leisten müssen.

Die Welt: Die alte Zugehörigkeit zu Ford hätte Ihnen da sicher geholfen. Müssen Sie die Kollegen manchmal trösten, dass Sie das Unternehmen einst verkauften?

Speth: Es hat sicher gute Gründe dafür gegeben. Ich war damals weder auf der einen noch auf der anderen Seite involviert.

Die Welt: Waren Sie schon am Stand von Ford?

Speth: Nein, dazu bin ich noch gekommen. Ich habe mich bislang nur 50 Meter vom Stand wegbewegen können. Da fehlte mir leider bislang die Zeit. (lacht)


Quelle: © WeltN24 GmbH
2014
XJ 8 Sovereign 4L / 2001
Where ignorance is bliss, 'tis folly to be wise.

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