Warum nicht mal einen Jaguar als Dienstwagen?

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Warum nicht mal einen Jaguar als Dienstwagen?

Beitrag von Cpt. Jag » Mo 04 Mai, 2015 15:28

Erstmals seit dem X-Type auf Mondeo-Basis wagt sich Jaguar wieder in die Mittelklasse. Und macht eine Kampfansage: Der Wagen soll sportlicher als die Konkurrenz sein. Zumindest in einer Version.

Wer ihn nicht kennt, ist versucht, seinen Namen englisch auszusprechen: Peter Modelhart, Deutschland-Geschäftsführer von Jaguar Land Rover (JLR), warum sollte er auch kein Engländer sein? Modelhart aber ist Österreicher, einer von der freundlich-gemütlichen Sorte, und er muss auch nicht stets und ständig über Autos reden. Nur jetzt ist das gerade ein bisschen anders.

Spricht man ihn an in diesen Tagen, kommt Modelhart schnell ins Dozieren. Über Verkaufsstrategien, Modellpolitik, die Einrichtung von Händlerbetrieben, und der Zuhörer bemerkt: Hier hat einer sein Feld bestellt und wartet auf die Ernte.

Seit fünf Jahren ist Modelhart im Amt, seit fünf Jahren geht es angenehmerweise aufwärts mit JLR, in Deutschland und weltweit, aber 2015 wird einmal als das Jahr mit der wichtigsten Weichenstellung in die JLR-Geschichte eingehen: Speziell die Marke Jaguar soll nun endlich den Durchbruch schaffen. Wenn nicht jetzt, dann nie.

Zwei nagelneue Autos wurden dazu in England entwickelt: der XE als Mittelklasselimousine, die sich dem Wettbewerb mit BMW 3er, Mercedes C-Klasse und Audi A4 stellt, und der auf dem XE aufbauende F-Pace. Das ist Jaguars erstes SUV, es wird im September bei der IAA Weltpremiere haben.

Beiden Modellen gemein ist ihre Aluminium-Architektur. 75 Prozent der Karosserie bestehen aus dem leichten Metall, und das hat natürlich Auswirkungen auf das Fahrerlebnis. Der Jaguar XE liegt beim Gewicht sogar noch leicht unter dem guten Wert des BMW 3er, doch viel wesentlicher ist, dass er sich auch so anfühlt.

Mit 4,67 Metern in etwa genauso groß wie die deutschen Konkurrenten, wirkt der XE doch kleiner, wenn man hinterm Lenkrad Platz genommen hat. Und die Leichtfüßigkeit des Fahrwerks könnte vor allem BMW-Fahrer zum Umstieg bewegen – oder wenigstens zu einer Probefahrt. Mit dem gediegenen Fahrkomfort der C-Klasse hält der XE dagegen nicht mit, aber das scheint auch nicht das Entwicklungsziel gewesen zu sein.


Topmodell hat einen Sechszylinder mit 340 PS

Agilität in der Kurve durch eine leichte Karosserie mit hoher Steifigkeit, dazu eine elektromechanische Servolenkung, die in ihrer Feinfühligkeit der Konkurrenz aus München nicht nachsteht – es macht schlicht Spaß, mit dem Jaguar XE zu fahren. Die Entwickler sind sogar so überzeugt von ihrem Auto, dass sie die Journalisten auf die Rennstrecke damit lassen.

Der Circuito de Navarra, im spanischen Baskenland gelegen, war vor zwei Jahren schon die Bühne für den Jaguar F-Type. Doch der ist ja auch ein richtiger Sportwagen, mit Limousinen ist das Befahren einer Rennstrecke eine eher zweischneidige Sache.

Das Topmodell des XE, der S mit 340 PS starkem Sechszylinder, gibt sich hier jedoch keine Blöße. Auf dem anspruchsvollen Kurs mit vielen engen Kehren und einer Mutkurve am Ende der Zielgeraden (man fährt sie mit etwa 200 km/h und muss danach hart abbremsen) lassen sich drei Dinge festhalten.

Erstens: Die Bremsen funktionieren gut, auch wenn sie nach vier schnell gefahrenen Runden stark nach heißen Belägen riechen. Zweitens: Die Kurvenlage ist sehr lange sehr neutral, das lästige Untersteuern tritt praktisch nicht auf. Drittens: Die Achtgang-Automatik schaltet beinahe so zackig wie ein Doppelkupplungsgetriebe.

Allerdings: Wer kauft schon für 54.600 Euro einen Jaguar XE S? Kalkuliert ist das Geschäft mit dem anderen Ende der Motorenskala. Gut 90 Prozent der deutschen XE-Käufer, sagt Peter Modelhart, werden einen Diesel als Antriebsquelle wählen. Davon gibt es gleich zwei, sie kosten jeweils 36.500 Euro, haben jeweils zwei Liter Hubraum, vier Zylinder und wahlweise 163 oder 180 PS.

Die minimale Leistungsspreizung rührt daher, dass in manchen Ländern empfindlich höhere Steuern erhoben werden, wenn der Kohlendioxidausstoß über 99 Gramm pro Kilometer beträgt. 99 Gramm in einem Jaguar? Das entspricht einem Dieselverbrauch von 3,8 Litern auf 100 Kilometer. Und auch wenn das natürlich nur der Normwert ist: Diese Zahl kommt unerwartet, sie passt eher zu Kleinwagen.


Jaguar verkaufte im Jahr 2014 exakt 81.570 Fahrzeuge

Aber das ist eben der zweite Vorteil des niedrigen Gewichts: Wer weniger durch die Gegend zu schleppen hat, braucht auch weniger Kraftstoff. Überdies ist die Aerodynamik mit einem cW-Wert von 0,26 auch sehr gut geraten. Zu fahren war der Wunderdiesel noch nicht, es stand nur das 180-PS-Modell zur Verfügung.

Nach rund 100 Kilometern zeigte hier der Bordcomputer einen Verbrauch von knapp sieben Litern an, was den Normwert von 4,2 Litern dieses Wagens deutlich übertraf. Am Ende wird aber nur ein solcher Alltagstest Klarheit schaffen, der unter denselben Bedingungen stattfindet wie die Bewertungen anderer Autos.

Es ist aber auch gut möglich, dass der Fahrspaß das Verschwenden von Kraftstoff fördert. Mit dem Jaguar XE ist man gern etwas flotter unterwegs, es scheint nicht seine natürliche Bestimmung zu sein, lässig über die Highways zu cruisen. Obwohl man dieses Auto natürlich auch in den USA etablieren will.

Dort ist Jaguar ein so unbeschriebenes Blatt, dass der Leaper, die springende Raubkatze als Markensymbol, nicht bekannt genug ist, um anderen Verkehrsteilnehmern zu signalisieren, mit welchem Auto sie es hier zu tun haben. Darum ist überall, wo man innen und außen hinsehen kann, zusätzlich der Schriftzug "Jaguar" angebracht.

Hiesige Autofans sollten sich wegen der amerikanischen Ignoranz gegenüber einer europäischen Traditionsmarke aber nicht in Herablassung üben: Sie hätten ja mehr Jaguar kaufen können. Im Ernst: Auch wenn die Marke kaum weniger bekannt ist als ihre deutschen Konkurrenten, so hält Jaguar doch einen gewaltigen Abstand.

Während Audi, BMW und Mercedes ihre Modellpaletten enorm ausgeweitet haben und im Bereich zwischen 1,7 und zwei Millionen Autos pro Jahr um die Vorherrschaft ringen, meldet Jaguar für 2014 exakt 81.570 verkaufte Wagen – weltweit. Das ist immerhin ein Plus von sechs Prozent, aber mit derzeit drei Modellen (XJ, XF, F-Type) ist offenbar nicht so viel mehr drin.


Deutsche wählen als Dienstwagen selten Jaguar

XE und F-Pace sollen mittelfristig das Jaguar-Volumen mehr als verdoppeln, deshalb hat sich auch Deutschland-Chef Modelhart so gut darauf vorbereitet. Er ist froh, dass eine neue und klarere Designsprache Einzug gehalten hat, denn "Retro kann man nicht weiterentwickeln". Und der geradezu seriöse Auftritt des XE dient nicht nur der weiteren optischen Etablierung der Marke, sondern soll auch den Exotenstatus abmildern helfen.

Denn dass Jaguar für das Besondere steht, ist nicht in allen Geschäftsfeldern Modelharts ein Vorteil. Viel zu gering etwa ist ihm der Jaguar-Anteil unter den Dienstwagen des Landes, weil die Verantwortlichen für Firmenflotten stets die etablierten Autos wählen. Audi, BMW, Mercedes, VW – nur nicht auffallen.

Dem will Jaguar mit einem Rundum-sorglos-Paket entgegenwirken: Die Garantie wird auf drei Jahre verlängert, und in dieser Zeit sind – unabhängig von den tatsächlich gefahrenen Kilometern – alle Inspektionen kostenlos.

Aber für den Erfolg des XE könnte noch ein ganz anderes Kriterium entscheidend sein: Bislang ist beim kleinsten Jaguar noch nicht von einem Kombi die Rede. Entscheidet man sich dauerhaft dagegen, enttäuscht man – zumindest in Deutschland – sicher 50 Prozent aller Interessenten, die nach einem Jaguar XE fragen.


Quelle: welt.deAutor: Stefan Anker
28.04.2015
XJ 8 Sovereign 4L / 2001
Where ignorance is bliss, 'tis folly to be wise.

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