"Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

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flatsix911
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"Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von flatsix911 » Di 09 Jun, 2020 21:53

Moin liebe Freunde der gepflegten Fortbewegung,

ich war in der vergangenen Woche mit meinem XK8 zur HU/AU bei einer freien Prüforganisation. Das Fahrzeug ist mängelfrei abgenommen worden, wobei ich hatte angesichts von neuwertigem Fahrwerk und Unterboden eine Belobigung erwartet, stattdessen gab es Diskussionen.

Grund war fühlbares Spiel des frei hängenden Hinterrades, wenn man das Rad vertikal, also Hände bei 6 und 12 Uhr, bewegt. Ich habe dem Prüfer empfohlen, die Prüfung mal horizontal durchzuführen und prophezeit, dass das Rad dabei völlig spielfrei sein würde.

Zwischenzeitlich war ein 2. Prüfer hinzugekommen und gemeinsam versuchte man dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Ich habe erklärt, alles sei normal, ist halt ein englisches Auto und Schuld ist die frühmittelalterliche Hinterachskonstruktion mit Halbwellen als obere Querlenker und dem "mittragenden" Differential.

Die richtige Erklärung ist, es handelt sich nicht um Spiel des Radlagers, sondern um das Lager des Abtriebflansches im Differential, welches laut Workshop manual bis 0,15 mm Spiel haben darf. Habe noch nicht gemessen, wird aber bei meinem Auto etwas mehr sein bei jetzt 136 tkm.

Schon mal jemand damit Probleme bei der HU gehabt oder die Lager im Differential gewechselt?

Grüße, Guido
XK8 4.2 Cabrio (X100), XJ (X358)

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flatsix911
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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von flatsix911 » Di 16 Jun, 2020 11:20

Moin,

die Sache hat mich noch etwas beschäftigt und da ich das Auto ohnehin für einen Ölwechsel auf der Bühne hatte und habe bei der Gelegenheit mal die Messuhr bemüht. Am Felgenrand gemessen ergaben sich ca 3 - 4 Zehntel mm Spiel. Das klingt wenig, fühlt sich aber an wie fortgeschrittener Radlagerschaden.

Das im WHB angegebene Verschleissmass von 0,15 mm bezieht sich nicht auf den Felgenrand, sondern auf den Abtriebsflansch im Differential. Dort betrug das Spiel “nur“ 0,08-0,09 mm, also etwas mehr als die Hälfte des zulässigen Wertes und damit gut innerhalb der Toleranz.
Tausch der Lager ist also unnötig und ich bin auch nicht sicher, ob das mit neuen Lagern wirklich bei "0" gewesen wäre. Die HU Plakette hat's jedenfalls zurecht gegeben.

Was mich etwas wundert ist, das hier noch niemand darüber gestolpert ist, weil das sicht- und fühlbare Spiel an den Hinterrädern schon eindrucksvoll ist. Wie bei mir hätte das bei einer HU eigentlich schon mal auffallen müssen.

Grüße, Guido

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XK8 4.2 Cabrio (X100), XJ (X358)

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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von FrankN » Di 16 Jun, 2020 18:15

Hallo Guido , das Problem hatte ich noch nie , das es so aufgefallen ist
Gruß aus Nordhessen
Frank

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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von Anthony » Mi 17 Jun, 2020 19:22

Servus

Mein GTÜ ler wusste das

Aber der fährt ebenfalls einen XKR

Daher war der Stempel kein Thema

Grüsse
Jage nicht was du nicht töten kannst

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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von pipowicz » Mi 17 Jun, 2020 21:41

Servus !
Hatte bisher koch nie Probleme mit dem TÜV.
Gruß
Wolfgang

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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von peter_190 » So 28 Jun, 2020 12:45

Als ich mit meinem Auto zum ersten Mal bei TÜV war, haben Sie mich mit eben diesen Urteil "Radlager muss ausgetauscht werden" nach Hause geschickt.

Da ich über diese Besonderheit von XK8 nicht wusste, waren beide Radlager prompt ausgewechselt.

Wieder zu TÜV und wieder keine Plakette. Sie waren sogar zu dritt und alle auf Radlager getippt.

Paar Tage später war ich bei Dekra, die mir die Plakette sofort ausgehändigt haben.

Und die Kosten für den unnötigen Tausch hat TÜV getragen:)

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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von flatsix911 » So 28 Jun, 2020 14:38

Moin,

ja, das ist genau das Szenario, was ich mir auch ausgemalt habe. Und ich hatte den Zusammenhang auch nur parat, weil mir das irgendwann aufgefallen war, als ich das Auto neu hatte. Damals habe ich bei einem Jaguar-Schrauber nachgefragt, weil ich das auch nicht verstanden habe.

Sei's drum die Mehrzahl der Fahrzeuge wird wohl noch in Werkstätten zu HU vorgeführt, die das Problem kennen und deshalb nicht gleich die Radlager wechseln.

Grüsse Guido
XK8 4.2 Cabrio (X100), XJ (X358)

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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von autotiger » Mi 16 Nov, 2022 21:05

Hallo Gudio und alle, die's interessiert.
Ich war im Oktober beim TÜV und der Prüfer hat genau das bemerkt. Gott sei Dank habe ich mich an den Beitrag von Dir, Guido erinnert und ihn gebeten, auch mal bei 9 und 3 Uhr zu püfen und ihm das mit den oberen Querlenkern erklärt - er hat's gemacht und dann war's gut.
Vielen Dank an Dich Guido und wieder mal der Beweis, dass das Forum Gold wert ist.
autotiger/Bernhard

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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von FrankN » Mi 16 Nov, 2022 21:30

Hallo Jungs , manchmal ist es wirklich gut
, solche Kontakte und Infos zu haben
Gruß aus Nordhessen
Frank

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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von flatsix911 » Do 17 Nov, 2022 09:26

Moin Bernhard,

freut mich, dass dir der Beitrag geholfen hat, dann hat er sich ja schon gelohnt.

Danke für die Rückmeldung,

Grüße Guido
XK8 4.2 Cabrio (X100), XJ (X358)

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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von steves jag » Sa 19 Nov, 2022 11:37

Hallo,
habe das Thema Radlagerwechsel schon einmal durch. Das ist eine der anspruchsvollsten Arbeiten an diesem Fahrzeug. Es werden zwei Kegelrollenlager verwendet, deren Spiel bei der Montage durch Distanzscheiben eingestellt werden kann/muss. Es lässt sich erst messen, wenn das Lager zusammengebaut und die Radlagerschraube mit einem hohen Drehmoment angezogen worden ist. Bei zu wenig Spiel erwärmt sich das Radlager, zu viel Spiel ist dann eben aus oben beschrieben Gründen auch nicht gut. Bei zu wenig Spiel kann man sich ein wenig über etwas weniger Anzugsmoment helfen. Also anstelle 300NM dann 270-280NM etc.
Aber auch das Anziehen dieser Schraube ist ein Akt für sich, weil schon sehr früh ein Gegenmoment wirkt - die kann man nicht in einer Bewegung bis zum Auslösen des Drehmomentschlüssels anziehen usw.
Während so ein Lagerblock mal schnell getauscht werden kann, sind diese gebauten Lager eine ganz andere Hausnummer. Ich musste auch den Lagerträger dafür komplett ausbauen. Das ist noch Fahrzeugbau/Mechanik der alten Schule aber insgesamt ziemlich cool. ;)
VG
Stefan

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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von flatsix911 » Sa 19 Nov, 2022 17:23

Moin,

Radlager wechseln hinten hatte ich mir auch mal spasseshalber im Werkstatthandbuch angesehen, notwendig war es bisher gottseidank nicht.

Da sollte man schon über sehr ordenliches Werkweug und am besten eine hydraulische Presse verfügen, wenn man da dran geht.

Grüße, Guido
XK8 4.2 Cabrio (X100), XJ (X358)

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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von steves jag » So 20 Nov, 2022 13:00

Hallo Guido,
die Lagerschalen haben eine großzügige Fase. Wenn beim Einpressen ein leichter Span entsteht, sitzt das Lager am Ende doch gerade im Sitz. Dennoch ist es sehr wichtig, dass es möglichst gerade eingepresst wird. Das ist allerdings nicht so einfach und es empfiehlt sich, den fluchtenden Sitz beim Einpressen am Angang nach jedem mm und dann alle 5mm zu kontrollieren. Bei meinen Mopeds ist das Einpressen sogar von z.B. Lagerschalen am Lenkkopf mit einem Führungsdorn keinesfalls eine Garantie. Da geht ganz schnell etwas "schief". Die Schalen beim X100 sind aber deutlich größer.
Richtig professionell soll es werden, wenn vor dem Zusammenfügen die Schale stark gekühlt wird und der Lagerträger erwärmt wurde. Da sollen die Schalen da fast von alleine reinfallen - hab das aber noch nie hinbekommen.
Mit der Hydraulikpresse wäre ich da etwas vorsichtig - eher ein rückschlagfreier Plastikhammer, ein Dorn der das ganze Lager abdeckt/führt und ganz viel Geduld.

Hier kann man schön sehen, wie groß und flach die Lager aufbauen - der Lagerschaden ist auch erkennbar. Das hat gewaltig gerumpelt und zwischen den ersten Geräuschen und "unfahrbar" waren es nur wenige km.

DSCN3988.JPG
DSCN3990.JPG
VG
Stefan
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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von flatsix911 » Mo 21 Nov, 2022 22:45

Moin Stefan,

ich habe mit der hydraulischen Presse und gut passenden Druckstempeln gute Erfahrungen gemacht. Wenn man die Lager gerade angesetzt bekommt gehen die ohne viel Druck leicht saugend in ihre Endposition.

Der Aussenring des Lagers sieht ja wirklich übel aus, da ist offenbar ein Stück der Härteschicht abgeplatzt, habe ich so noch nicht gesehen. Kann man sich vorstellen, dass das gerumpelt hat.

Offene Kegelrollenlager sind vergleichsweise aufwändig, weil sie gegeneinander verspannt werden und dabei das Lagerspiel eingestellt werden muss. Montagefreundlicher sind z.B einteilige doppelte Kugellager, die auch schon in den achtziger Jahren verwendet worden sind.

Danke für die Info,

Grüße Guido
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Re: "Radlagerspiel" und Hauptuntersuchnung

Beitrag von XKR_Hannover » Di 20 Jun, 2023 17:22

Moin,

gleich Diskussion hatte ich auch verg. Woche. Bis der (junge) Prüfer einen älteren Kollegen dazu gerufen hat zum Wackeln, während der drunter guckt wo's herkommt.
Der ältere Kollege sagte: Völliger Quatsch – das ist die Konstruktion – das muss so. Er solle es mal probieren wenn das Fzg. nicht hängt. Und da war alles weg - war dann gut. Der junge hat dann nur gebrummelt: na-gut-schon-mal-gehört-nie-gesehen!

Puh, das wäre sonst definitiv auf die Liste gekommen!

Grüße,
Dietmar

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